No Border Camp 2016

Unsere Genoss*innen von Beyond Europe (BE), einem internationalen Bündnis antiautoritärer Gruppen, rufen für den Zeitraum vom 15. bis zum 24. Juli 2016 zu einem No Border Camp in Thessaloniki (Griechenland) auf. Neben dem Kennenlernen und Vernetzen mit emanzipatorischen Kräften aus vielen Ecken dieser Welt wird dabei auch eine gemeinsame Praxis gegen die Festung Europa eine wichtige Rolle spielen. Alle relevanten Informationen wurden dafür hier zusammengetragen. Der Aufruf ist durchaus sehr lesenswert, weshalb wir ihn an dieser Stelle nochmals dokumentieren möchten. Bei Interesse an einer Teilnahme könnt ihr uns gerne kontaktieren.

Camp | 15. – 24.07.2016 | Thessaloniki | Griechenland
Der vollständige Aufruf findet sich nachfolgend:

No borders – Make fortress Europe history

Antiautoritärer Aufruf zum No Border-Camp in Thessaloniki 2016

Die sozialen und ökonomischen Entwicklungen der letzten Jahre lassen nur erahnen, welcher Zukunft wir entgegen sehen: der Abbau demokratischer Strukturen und Prozesse, eine Zunahme ökonomischer Unsicherheit und Prekarität, der Ausbau des staatlichen Gewalt- und Kontrollapparates und ein Erstarken von rechtspopulistischen und faschistischen Parteien in vielen Teilen Europas.
Während Europa Menschenrechte, Gleichheit und Frieden für alle verspricht, wird die konkrete Lebensrealität für immer mehr Menschen zum reinen Alptraum.

Europa verändert sich rasant

Aber keine dieser Veränderungen wurde kampflos hingenommen. Seit Beginn der Finanzkrise 2007 haben Millionen Menschen in unzähligen sozialen, ökologischen, feministischen und antirassistischen Auseinandersetzungen klar gemacht, dass sie den Kampf um ein gutes Leben noch lange nicht aufgegeben haben. Trotzdem sind die Folgen der Austeritätsmaßnahmen für ebenfalls Millionen Menschen lebensgefährlich: ein Drittel der griechischen Bevölkerung ist vom Gesundheitssystem ausgeschlossen, in Spanien haben mehr als 500.000 ihre Wohnung verloren, die Hälfte aller Jugendlichen in Südeuropa ist ohne Lohnarbeit und Renten weit unter dem Existenzminimum.

Keine Flüchtlingskrise, sondern Krise der Festung Europa

Die Finanz- und Wirtschaftskrise und ihre brutalen Konsequenzen sind heute fast vollständig aus den Medien und dem politischen Tagesgeschäft verschwunden – und durch eine neue “Krise” ersetzt worden. Eine “Krise”, die damit begann, das hunderttausende von geflüchteten Menschen die Festung Europa ins Wanken gebracht, ihre militärischen Grenzen überwunden und für einen Moment sogar ihre rassistischen Regulierung praktisch außer Kraft gesetzt haben. Während die Ursachen und die Leidtragenden dieser Krisen gänzlich unterschiedlich sind, so ist ihre Gemeinsamkeit die widerliche Art und Weise ihres Managements. Das gleiche autoritäre und neoliberale System, das Millionen Menschen in Südeuropa in die Armut getrieben hat, errichtet nun Stacheldrahtzäune in ganz Europa.
Dieses Krisenmanagement bedeutet – wieder einmal – mehr Abschottung, mehr Ausschluss und mehr Hass gegen das Unbekannte, das “Fremde”, das “Andere”. Die Angst vor einer “äußeren” Bedrohung führt zu einer gesteigerten Identifikation mit dem “Inneren”, zu einem Erstarken von Nationalismus und Rassismus.
Aber dabei ist es genau dieses Europa, das als einer der hässlichen Protagonisten des globalen Kapitalismus die Ursachen für die massenhafte Flucht mit zu verantworten hat. Ob historisch als imperiale Kolonialmacht oder im heutigen aggressiv-außenpolitischen Stil, setzt dieses Europa die unmenschliche Logik von Wettbewerb und Entfremdung, von Macht und Profit in der ganzen Welt gewaltsam durch. Welche Konsequenzen genau diese zerstörerische Logik hat, lässt zeigt sich auf den sozialen, ideologischen und militärischen Schlachtfeldern von Athen bis nach Aleppo.
Sie ist der Grund dafür, dass Menschen alles was ihnen etwas bedeutet hat zurücklassen, der Grund warum Tausende ihr Leben aufs Spiel setzen, wenn sie Grenzen und Zäune überwinden, der Grund warum sie riskieren erschossen zu werden oder im Mittelmeer zu ertrinken.
Diese unkontrollierbare Autonomie der Geflüchteten hat die sichtbaren Folgen der globalen Politik zurück in die Vorgärten Europas gebracht und starke Risse in ihrer Festung hinterlassen.

Globale Solidarität statt Charity

In dieser Situation wollen wir weder bloße Kommentartor*innen sein, noch in die Charity-Falle der Zivilgesellschaft tappen, die ihre Erfüllung in der Hilfe von “Opfern” findet.
Wir wollen kämpfen – nicht für Geflüchtete und ihre Bewegungsfreiheit, sondern Seite an Seite mit ihnen, in einem gemeinsamen Kampf für ein besseres Leben für uns alle.
Deshalb laden wir euch ein, mit uns zu einer Reise der Solidarität, einer Reise voller Aktion, einer Reise beyond europe aufzubrechen.
Eine unserer Stationen wird Thessaloniki sein – nah an der griechisch-mazedonischen Grenze, nicht weit entfernt zur türkisch-griechischen Grenzzaun am Evros und mit zahlreichen Institutionen der europäischen und griechischen Autoritäten- eine Stadt, die einer der Hotspots des europäischen Grenzregimes ist. Gleichzeitig haben sich in Thessaloniki zahlreiche solidarische Projekte entwickelt, die selbstorganisiert Unterkünfte, Lebensmittel und politische Kämpfe gemeinsam mit denen organisieren, die auf ihrem Weg Richtung Norden feststecken. Thessaloniki ist so auch zu einem zentralen Ort des Widerstands gegen die europäische Festung geworden.

Lasst uns die Mauern einreissen

Als Teil des lokalen NoBorder-Netzwerks werden wir und unsere Genoss_innen vom 15. bis zum 24. Juli ein No Border-Camp in der Innenstadt Thessalonikis organisieren – aus drei Gründen ist das für uns der richtige Ort:
Die vielen selbstorganisierten Kollektive, die seit Jahren jeden Tag den Kampf gegen das unmenschliche und repressive Grenzregime führen, brauchen unsere Solidarität. Uns geht darum diese Strukturen nachhaltig zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen, ihren Kampf so entschlossen und so lange es notwendig ist weiterzuführen.
Die Stadt ist voll von den Symbolen der Macht, der Institutionen der Festung Europa und die Grenzzäune sind nicht weit. Wir wollen sie angreifen – mit all unserer Wut und all unserer Leidenschaft.
Keine Kämpfe gegen Kapitalismus, Sexismus, Rassismus oder die andere Schrecken der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung können erfolgreich sein, wenn sie nicht gemeinsam geführt werden. Deshalb wollen wir uns in Thessaloniki kennenlernen, miteinander diskutieren, voneinander lernen und starke transnationale Netzwerke antiautoritärer Gruppen und Individuen aufbauen, in denen unsere Hoffnung auf eine bessere Zukunft praktisch wird.
Deshalb kommt mit uns ins beyond europe Barrio auf dem No Border Camp in Thessaloniki – nicht nur um unsere anstehenden Kämpfe gemeinsam zu diskutieren und organisieren, sondern auch um die Vision einer besseren Zukunft für alle zu leben.

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