Die rassistischen Verhältnisse brechen!

Kommt am Samstag, den 26. September 2015, um 11 Uhr zur Demonstration vom Braunschweiger Bündnis gegen Rechts mit dem Motto „Anschläge und Hetze gegen Flüchtlinge stoppen! Fluchtursachen bekämpfen – nicht die Flüchtlinge!“ am Schlossplatz in Braunschweig.
Der Aufruf vom Bündnis gegen Rechts Braunschweig findet sich hier. Unsere Genoss*innen vom Antifaschistischen Café Braunschweig mobilisieren außerdem noch mit einem eigenen Aufruf zu einem Antifa-Block:

Demo | 26.9.2015 | 11 Uhr | Braunschweig | Schlossplatz
Der Aufruf zur Demo ist nachfolgend dokumentiert:

Die rassistischen Verhältnisse brechen!

Von Antifa Braunschweig

Immer zahlreicher werden die Anschläge von rassistischen Terroristen auf Flüchtlinge, ihre Unterkünfte und ihre Unterstützer*innen. Beinahe täglich können den Medien Meldungen hierzu entnommen werden. Die Liste durch Brandanschläge unbrauchbar gemachter Unterkünfte geht quer durch die ganze BRD. Wir wollen gemeinsam unsere Wut über und unseren Widerstand gegen diese Verhältnisse auf die Straße tragen. Wir wollen deutlich zeigen, dass wir dem zunehmenden rassistischen Terror gegen Flüchtlinge, unsere Freund*innen, Kolleg*innen und unseren Nachbar*innen unsere Solidarität mit den Betroffenen und unseren notwendigen Widerstand entgegensetzen!

Rassismus ist kein Monopol von Nazis

Spätestens seit den Hooligankrawallen von Köln im Oktober 2014 und den kurz darauf zu Massendemonstrationen anwachsenden Spaziergängen einer rassistischen Bewegung unter dem sperrigen Namen „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung Europas“ (PEGIDA), ist der rassistische Normalzustand für alle wahrnehmbar. Bereits zuvor konnten Umfragen in der Bevölkerung und später die Zustimmungen zu den rassistischen Thesen eines Sarrazins (SPD) zeigen, dass Rassismus auch fern des klassischen Nazispektrums eine breite gesellschaftliche Verankerung in der BRD hat – nur wird er hier eher verharmlosend als „Kulturkampf“ ins Feld geführt. Bereits vor PEGIDA gab es zahlreiche Aufmärsche gegen die Unterbringung von Flüchtlingen, diese wurden noch von NPD-Nazis unter der Tarnung als „Bürgerinitiativen“ organisiert. Hieran beteiligten sich auch zahlreiche Menschen, die sonst nicht zum Teilnehmerkreis von Nazidemonstrationen gehören. PEGIDA hat eine Plattform für alle Rassisten, die keine Nazis sind, geschaffen. Es konnte die Hemmschwelle gesenkt werden, lauthals den eigenen Rassismus in die Öffentlichkeit zu blasen, eben weil PEGIDA nicht aus der Naziszene heraus entstanden ist. PEGIDA ist das Ergebnis lange vorhandener menschenverachtender Einstellungen in der BRD. Wenn dann auch noch Medien und Politiker*innen wie bspw. ein Sigmar Gabriel (SPD) davon faseln, diese „Ängste und Sorgen“ ernst zu nehmen und aktiv den Dialog mit den rassistischen Hetzern suchen, ist dies Wasser auf deren Mühlen.

Mit den Aufmärschen kommt der Terror

Nun scheinen sich die nicht enden wollenden Aufmärsche mittlerweile etwas totzulaufen und werden in der Beteiligung kleiner. Dennoch hat sich wohl ein nicht unerheblicher Teil der Anhängerschaft über die ständigen „Diskussionen“ auf der Straße, vor allem aber in den Kommentarspalten von Zeitungen und Facebook enthemmt und brutalisiert. Zahllose Aufrufe zur Gewalt und ein nicht enden wollendes Ausmalen sadistischer und menschenverachtender Gewaltfantasien belegen das. Die „besorgten Bürger“ oder auch „Asylkritiker“, wie der rassistische Mob von Teilen der Medien und Parteien verharmlosend genannt wird, wollen ihre Fantasien so langsam in die Tat umsetzen und geben sich mit dem Marschieren nicht mehr zufrieden. Erst im August wurde ein Gebäude eines in Jamel bei Wismar gegen Nazis engagierten Ehepaars durch einen Brandanschlag zerstört. Zuvor zerstörte ein Sprengstoffanschlag im Juli das Auto eines Stadtratsmitglieds der Linkspartei in Freital. In Böhlen bei Leipzig wurde im Juli auf eine Flüchtlingsunterkunft aus einer bisher unbekannten Waffe geschossen. In Braunschweig griffen im April Anhänger des lokalen PEGIDA-Ablegers BRAGIDA Mitarbeiter_innen und Gäste des Kulturzentrums Brunsviga an, um eine Veranstaltung zum Thema „Ziviler Ungehorsam“ zu stören. Im Juli griffen Nazis den Wagenplatz in Braunschweig an und verletzten hierbei eine Person. Bereits Ende Juni 2015 wurden 176 Übergriffe gegen Flüchtlingsunterkünfte durch die Behörden gemeldet. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2014 waren es 198 und 2011 mussten 18 Übergriffe verzeichnet werden.

Rassisten zündeln, der Staat schiebt ab

Während den Rassisten auch großer gesellschaftlicher Widerstand entgegenschlägt und viele Menschen ihre Solidarität mit den Flüchtlingen zeigen und von allen Seiten von einer „Willkommenskultur“ die Rede ist, bringen sich Teile der Parteienlandschaft bereits wieder lauthals gegen Flüchtlinge in Stellung. CSU-Politiker Seehofer will in Bayern gerne für Flüchtlinge aus dem durch die NATO 1999 zerstörten Jugoslawien – heute wird es in der Regel einfach als Balkan bezeichnet – spezielle Lager einrichten. Da ein nicht unerheblicher Anteil dieser Flüchtlinge sich aus Roma zusammensetzt, erinnert diese Forderung nicht zuletzt an die Internierung sogenannter „Zigeuner“ in den Lagern der Nazis. Auch der Grünen-Ministerpräsident von Baden-Württemberg Kretschmann will die Staaten des Balkan zu sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ erklären. Das bedeutet, dass Flüchtlinge aus so definierten Ländern hier kein Asylanspruch haben, eben weil das Land in den Augen des Staates als sicher gilt. Die SPD hat hierfür bereits ihre Unterstützung signalisiert. Auch Bundeskanzlerin Merkel (CDU) machte einem Flüchtlingskind aus Palästina klar: „Nicht alle können bleiben“ und erneuerte dies an anderer Stelle später mit den Worten „Wir können nicht alle aufnehmen“. Letztlich werden immer wieder Menschen, die nicht den engen Kriterien eines Asylrechts oder der Aufnahmeverpflichtung von Flüchtlingen aus Krisengebieten nach EU-Recht unterliegen, weder geduldet oder gar mit einer Staatsangehörigkeit ausgestattet, sondern abgeschoben. Es sind Tausende, die jährlich wieder in ein Leben von Armut, Hunger, Perspektivlosigkeit, Wirtschaftskrisen, Umweltkatastrophen, Diskriminierung, Verfolgung, Folter, Vergewaltigung oder Krieg deportiert werden. Das bedeutet nicht, dass sie in ihr Herkunftsland gebracht werden, sondern lediglich in das Land, in dem sie zum ersten Mal europäischen Boden berührten. Dies nennt sich in der EU „Drittstaatenregelung“. Ergänzt werden diese Bemühungen von medialen Kampagnen, die auf die Menschen in den Herkunftsländern abzielen. So wird bspw. Menschen vom Balkan mit Videos u.a. bei Facebook demonstriert, dass sie hier sowieso wieder abgeschoben werden würden. Zunehmend sind sich auch wieder alle einig, von „liberalen“ Medien bis quer durch die Parteien, dass man zwischen „Kriegsflüchtlingen“ und „Asylmissbrauch“ bzw. „Wirtschaftsflüchtlingen“ unterscheiden müsse. Das Gegeneinanderausspielen von Flüchtlingen mit unterschiedlichen Fluchtgründen soll nicht zuletzt jene treffen, die sich durch Spenden und andere Formen der Unterstützung für die Flüchtlinge einsetzen. Die Solidarität in der Bevölkerung soll aufgeweicht werden, um bei den kommenden Abschiebungen auf weniger Widerstand zu treffen. Wenn jetzt bürgerliche Politiker wieder um Verständnis für harte Maßnahmen gegen die zunehmende Zahl von Flüchtlingen werben, dann gießen sie Öl ins Feuer, weil sie dafür sorgen, dass sich die Rassisten in ihrem Tun bestätigt fühlen können. Die Kommentare von PEGIDA-Anhängern – auch aus Braunschweig – in den einschlägigen Foren belegen, dass sie durch ihre Aufmärsche bis hin zu den Anschlägen den Eindruck haben, auf „die da oben“ den entsprechenden Druck von der Straße aufgebaut zu haben.

Auch jene, die die „Nützlichkeit“ von Fachkräften und Akademikern für den deutschen Standort anpreisen und dieses dann als sogenannte Willkommenskultur durch die Medien abfeiern lassen, sind kaum besser als der rassistische Mob. Die einen wollen gar keine „Ausländer“ und die anderen nur die, die für die deutschen Unternehmen nützlich sind.

Flucht geschieht nicht freiwillig

Die Solidarität mit den Flüchtlingen und das Aufstehen gegen Nazis und andere Rassisten muss auch erwähnen, dass Flucht Gründe hat und das Flucht aus Zwang passiert. Viele Gründe, die Millionen Menschen auf der ganzen Welt zur Flucht zwingen, werden erst durch den Kapitalismus produziert. Seine Logik aus Wettbewerb und Profit zwingt Unternehmen zur billigen Produktion, was sich auf Mensch und Umwelt negativ auswirkt. Umweltkatastrophen wie havarierte Öltanker, zerbrochene Pipelines, explodierende Kernreaktoren und die Veränderung des Klimas treiben Millionen in die Flucht. Waffenexporte, bei denen die BRD auf Platz 3 rangiert, befeuern Konflikte und Kriege, „Strukturanpassungsprogramme“ des Internationalen Währungsfonds (IWF) zwingen ganze Gesellschaften in die Armut und die ständige Erweiterung von NATO, Handelszonen und -abkommen tragen das Potential eskalierender Konflikte in sich.

Die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus bis hin zu Klimakatastrophen und Krieg wird immer wieder Menschen zur Flucht zwingen. Solange sich daran nichts ändert, wird es auch Menschen geben, die das nicht verstehen wollen und wieder nach Gründen suchen, um in ihrem eigenen Frust wiederum auf jene herabblicken und -treten zu können, denen es noch mieser geht als ihnen selbst. Treten wir also gemeinsam sowohl den rassistischen Hetzern und Gewalttätern als auch den Fluchtursachen entgegen. Tragen wir unseren Teil zu einer Welt bei, in der kein Mensch mehr gezwungen ist zu fliehen aber überall leben kann, wo er oder sie denkt glücklich zu werden, ohne dabei von Rassisten verachtet oder von anderen nach seinem Nutzen beurteilt zu werden. Dafür wollen wir am 26.09.2015 auf die Straße gehen!

Gemeinsam die rassistischen Verhältnisse brechen!

Fluchtursachen bekämpfen – nicht die Flüchtlinge!

Aufrufende Gruppen:
Antifaschistisches Plenum & Offenes Antifa Treffen [OAT]